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„Lippische Zeitung“ vom 03.November 2015

03.11.2015

Lebenswichtige Helfer auf vier Pfoten

 

Blindenhunde: Sehbehinderte aus Deutschland und Österreich tauschen im Bad Meinberger Aura-Zentrum ihre Erfahrungen aus. Von Experten bekommen sie rechtliche und medizinische Tipps für ihre Vierbeiner

 

VON LEA BEIMDIEK Horn-Bad Meinberg. Labradoodle Rocco ist Gerda Mittags ständiger Begleiter. Gekonnt und sicher lotst der Blindenführhund sein sehbehindertes Frauchen durch den Alltag. „Mit ihm gibt es für mich keine Hindernisse. Er zeigt mir Ampeln und Gegenstände an, die uns im Weg stehen, und hilft mir auch sehr beim Treppensteigen“, sagt Mittag.

 

Zusammen mit anderen Blindenführhundehaltern und ihren Vierbeinern hat sie sich im Aura-Zentrum Bad Meinberg zu einer mehrtägigen Tagung getroffen. Aus ganz Deutschland und aus Österreich reisten die Teilnehmer an.

„Es gibt nur noch zwei blindengerechte Tagungshäuser in Deutschland und hier in Bad Meinberg haben wir ausgezeichnete Bedingungen für unsere Treffen“, sagt Gerda Mittag. Seit eineinhalb Jahren leite sie den Arbeitskreis der Führhundehalter im Blindenhund Sehbehindertenverband Niedersachsen und Bremen. Bei der Tagung standen vor allem der gemeinsame Erfahrungsaustausch und wertvolle Hinweise im Mittelpunkt.

 

Kathrin Weber-Krüger, tiermedizinische Fachangestellte, gab Tipps zur Fellpflege und Tierärztin Ramona Saba-Buttkewitz informierte über dermatologische Fragen. Claudia Meier referierte als Hundephysiotherapeutin. „Durch das tägliche Tragen des Geschirrs haben Blindenhunde oft Rückenprobleme“, gibt Ralf Mittag vom Arbeitskreis zu verstehen. Für den Hund sei dies so, als wenn Menschen jeden Tag einen Rucksack trügen, führt er weiter aus. Für diese und ähnliche Probleme sei ein physiotherapeutischer Rat sehr hilfreich. „Jeder Hund hat seine Eigenarten und wir möchten

den Haltern Wissen mit an die Hand geben, das den Alltag erleichtern kann“, so Gerda Mittag.

 

Wie sehr die Vierbeiner ihre Herrchen und Frauchen unterstützen, war auch im Aura-Zentrum schnell zu erkennen. „Such Lift“ sagte beispielsweise eine sehbehinderte Teilnehmerin zu ihrem vierbeinigen Gefährten, der sie daraufhin sicher und ruhig in Richtung Aufzug begleitete. „Ein Sehbehinderter ist mit einem Begleithund viel störungsfreier und schneller unterwegs“, sagt Gerda Mittag.

Für Blindenführhunde beginne die Ausbildung mit rund einem Jahr. Bis sie zu ihren sehbehinderten Besitzern kommen, leben sie meist in Pflegefamilien. Ein Programmpunkt des Seminars habe sich auch mit den rechtlichen Voraussetzungen befasst. Zunächst benötige der zukünftige Halter eine Verordnung vom Augenarzt, der die Sehbeeinträchtigung bestätige. Dann müsse die Krankenkasse den Blindenführhund bewilligen, denn seine Ausbildung sei teuer und müsse von ihr finanziert werden.

 

Einjährige Ausbildung

Ein Blindenführhund sucht auf Anweisung Türen, Treppen, Zebrastreifen, Telefonzellen, Briefkästen, freie Sitzplätze (beispielsweise in Bus oder Bahn) und vieles mehr. Er zeigt das Gefundene an, indem er davor stehen bleibt. Blindenführhunde

werden in speziellen Schulen anhand verschiedener Methoden ausgebildet. In Deutschland werden die Kosten der Ausbildung

von den Krankenkassen übernommen. Die Ausbildung selbst kann bis zu zwölf Monate dauern.

 

Fotobeschreibung:

Nach der Fellpflege: Die Blindenführhunde Merlin und Rocco bekommen nach der Behandlung von Kathrin Weber-Krüger (rechts) eine Belohnung. Ihre Halter Volker Schling und Gerda Mittag freuen sich über das Beratungsangebot. FOTO: BEIMDIEK