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Blinde Studentin kämpft um tierischen Begleiter

11.08.2016

OBERELCHINGEN

Blinde Studentin kämpft um tierischen Begleiter

Die blinde Vanessa Osswald aus Oberelchingen möchte ab Herbst studieren. Dafür benötigt sie dringend einen entsprechend ausgebildeten Hund – der ihr bislang verwehrt bleibt. Von Dagmar Hub

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Ein Blindenhund begleitet sein Herrchen gewissenhaft, hält an, wenn eine gefährliche Situation droht und gibt Laut, wenn ein Hindernis bevorsteht.

Vor Kurzem hat Vanessa Osswald ihr Abitur geschafft. Und einen passenden Studiengang hat sie auch schon gefunden: Vergleichende Literaturwissenschaften in Augsburg. Doch genießen kann die 19-jährige Oberelchingerin die Übergangszeit bis zum Studienbeginn nicht: Ihr Traum droht gar zu platzen. Denn Osswald ist blind und benötigt dringend einen Blindenhund, wenn sie in einer fremden Stadt in neuer Umgebung und einer großen Universität studieren möchte. Für die junge Frau stehen daher nun bange Wochen an – denn damit die ersehnte Schäferhündin Daki aus einer Führhundeschule in der Nähe von Dortmund nach Oberelchingen kommen kann, klafft noch eine finanzielle Lücke von geschätzten 6000 Euro.

Bei Osswald zu Hause klingelt das Telefon: Eine Mitarbeiterin der KrankenkasseDAK nimmt der blinden 19-Jährigen ein Stück Unsicherheit: Die junge Frau, die gerade am Wiblinger Albert-Einstein-Gymnasium ihr Abitur gemacht hat, soll nach langem Hin und Her einen dringend benötigten Blindenhund bekommen, mit dem sie sich in Augsburg und der dortigen Universität wird zurechtfinden können.

Der Führhund muss zum Beispiel seine Bindung an seinen Trainer aufgeben und sich an den blinden Menschen anschließen, für den seine Sinne in Zukunft die Orientierung übernehmen sollen. Wege in Augsburg und Elchingen müssen gegangen und trainiert werden, Vertrauen muss wachsen. Deshalb hatte sich Vanessa Osswald früh nach einem passenden Hund umgesehen und im März 2016 den Antrag auf Bewilligung eines Führhundes gestellt. Sie kontaktierte mehrere Führhundeschulen, fuhr mit Bruder und Freund zu derjenigen, deren Konzept sie überzeugte. „Denn wenn ich dann mit dem Hund im Zug und in der Großstadt unterwegs bin, muss ich das Konzept der Schule fortsetzen, mit dem der Hund trainiert wurde. Ich muss dieses Konzept auch verinnerlicht haben und mich damit identifizieren, sonst klappt es nicht.“Lange musste Osswald darum kämpfen, einen Blindenhund zu bekommen – dies, obwohl Bestätigungen vorlagen, dass für den Hund selbst dann Betreuung und Auslauf vorhanden sind, wenn die angehende Studentin einmal krank sein sollte, obwohl sie ein positiv verlaufenes Mobilitätstraining absolviert hat, obwohl die Universität Augsburg bestätigt hatte, dass Osswald einen Blindenführhund mit in die Vorlesungen bringen darf, obwohl sich Augenarzt Hans-Walter Roth, der die Oberelchingerin seit ihrer Babyzeit betreut, für sie einsetzte. Bangen liegt hinter der jungen Frau: „Wir haben nicht mehr viel Zeit, weil der Hund und ich ja vor Beginn des Studiums drei, vier Wochen miteinander trainieren müssen.“

Osswald wuchs mit Schäferhunden im Umfeld auf. „Ich kenne den Charakter und vertraue ihnen.“ Deshalb wünschte sie sich einen Schäferhund. „Als wir in Führhundeschule ankamen, kam Daki gleich auf mich zu“, berichtet Osswald. Daki ist eine junge Schäferhündin, deren Ausbildung im Herbst endet. Zwei Jahre alt wird sie dann sein. Die 19-Jährige und Daki verbrachten einen Nachmittag miteinander, und Vanessa spürte: „Diesem Hund kann ich mich in den fremden Situationen, die im Studium auf mich zukommen, anvertrauen, er passt total gut zu mir.“ Die Hündin wurde für die Oberelchingerin reserviert. Das Problem: Daki kostet (einschließlich der Tierarztkosten während ihrer Aufzucht und Ausbildung, einschließlich ihrer Ausbildung, der Ausstattung als Blindenhund und dem Nachweis ihrer Fähigkeiten) knapp 25000 Euro und damit etwa 3500 Euro mehr als die DAK bewilligen kann.

Zu den Kosten des Blindenhundes kommen noch die Kosten für Dakis Trainerin während der Einarbeitungszeit mit Osswald – ein Brocken, den die alleinerziehende Mutter der angehenden Studentin nicht schultern kann, zumal sie noch einen sehenden und einen blinden Bruder hat. Die Möglichkeiten für die 19-Jährige: „Entweder müssen wir die fehlende Summe irgendwie aufbringen, und vielleicht gibt die Führhundeschule wie von der DAK vorgeschlagen Daki etwas günstiger ab, oder ich bekomme einen Hund, den und dessen Ausbildungskonzept ich nicht kenne. Viel Zeit bleibt jetzt nicht mehr.“ Doch immerhin: Es gibt die Hoffnung, dass die blinde junge Frau ihr Studium im Herbst aufnehmen kann; dennoch droht ihr die Zeit davonzulaufen. Denn eine schriftliche Bestätigung der DAK liegt Osswald bislang nicht vor.